Wenn der Lockdown die Fantasie beflügelt
Das neue Buch von Verena Kolb entstand zum größten Teil während der Corona-Pandemie. Wie ein vergeblicher Einkauf von Toilettenpapier eine Dystopie befeuerte.
„Extinctia“, so heißt das neueste Werk der oberfränkischen Autorin Verena Kolb, die sich mit „Gefangen im Netz der Spinne“ bereits einen Namen gemacht hat. Worum geht es in dem neuen Roman und wie ist er entstanden? Und was hat Verena in Zukunft vor?
Entspannt sitzt die 22-jährige Psychologiestudentin da, lächelt. Selbstbewusst, doch ohne Übertreibungen beginnt sie, zu erzählen. „Eigentlich hatte ich etwas ganz anderes im Kopf, als ich mit der Arbeit begann.“ Und sie beschreibt, wie sie zu der Idee gekommen ist.
„Es war im Lockdown, ich brauchte Toilettenpapier“, lacht sie. „Doch es war keines zu bekommen. Also bin ich heim und wollte eine Satire schreiben. Über Corona und fehlendes Klopapier.“ Sie war genervt, gibt sie zu. Von Corona, vom Lockdown, von den Hamsterkäufern. Doch während der Arbeit erkannte sie, dass Satire nicht ihr Genre ist. Also änderte sie kurzerhand den Plan und schrieb eine neue Dystopie. „Aber das mit dem Klopapier, das hab ich übernommen.“ Innerhalb von vier Monaten war das Werk in der Grundfassung fertig. Verena gehört zu den Schnellschreibern.
„Extinctia“, ein Buch, das in weiten Strecken durchaus mit der Corona-Pandemie zu vergleichen ist. Der Titel ist gleichzeitig der Name einer Pandemie, welche die Zivilisation, wie wir sie kennen, auf den Kopf stellt. Das muss eine junge Frau schmerzlich erfahren, die ohne Erinnerung in den Ruinen eines Hochhauses aufwacht. Sie weiß weder, wer sie ist, noch was die tätowierte Zahl auf ihrer Stirn bedeutet. Was folgt, ist ein Kampf ums Überleben.
„Es gibt zwar einige Bezüge zu meinem ersten Buch, ist aber völlig unabhängig“, erklärt die Autorin. „Es ist keine Buchreihe, sondern es sind einzeln zu lesende Bücher.“ Auf die Frage, wie sie das Buch mit drei Worten beschreiben würde, kommt sofort die Antwort: „Spannend. Actionreich. Unvorhersehbar.“
Woher nimmt Verena die Ideen? Das ist, so gibt sie zu, teilweise auch dem Studium geschuldet. „Da ich mich, bedingt durch das Studium, recht gut in Hirnanatomie auskenne, liegt es nahe, dass ich das auch für meine Bücher nutze.“ Mehr noch, sie kann ihren Protagonisten in Anlehnung an echte Fälle Störungen, die so oder so ähnlich diagnostiziert wurden, auf den Leib schreiben. „Das macht es richtig spannend“, lächelt sie.
Doch wie geht es weiter? Zurzeit macht Verena Kolb ihren Master, aber schreiben will sie dennoch weiter. „Schreiben bedeutet für mich Kreativität“, erläutert sie. „Und auch Netzwerken. Ich lerne so Menschen kennen, die ich ansonsten nie getroffen hätte.“ Und dann kommt eine Art Selbstdiagnose. „Ich bin der Schreiberei verfallen“, gibt sie zu. Doch eine Änderung gibt es bei ihrem neuen Buch. Hat sie ihren Erstling noch in einem Verlag veröffentlicht, so geht sie jetzt einen anderen Weg. Selfpublishing heißt ihre Devise. „Ich mag es, wenn ich alles unter Kontrolle habe. Wenn ich mein Marketing selbst steuern kann, mein Cover so ist, wie ich es möchte und ich nicht um Rechte feilschen muss.“
Dass es mehr Arbeit bedeutet, ist ihr klar geworden. „Das, was vorher der Verlag für mich erledigt hat, darum muss ich mich jetzt selbst kümmern. Sprich Lektorat, Korrektorat, Buchsatz, Cover, Marketing und vor allem die Auswahl der Druckerei und die Preiskalkulation. „Es ist wirklich irre viel Arbeit, aber es macht auch Spaß.“ Ein weiterer Vorteil ist dabei auch, dass sie ihr eigenes Branding, also ihren Wiedererkennungswert, steigern kann. Das beginnt natürlich auch beim Cover, das sich an ihr Erstlingswerk anlehnt. „Der Leser oder die Leserin soll sofort erkennen, dass es mein Buch ist“, lautet ihr Kommentar.
Ob das nächste Buch, das bereits in Arbeit ist, auch wieder im Selbstverlag erscheint, macht Verena davon abhängig, wie „Extinctia“ ankommt. Wovon das neue Werk handelt, das will sie nicht verraten. „Aber es wird wieder spannend“, lächelt sie. „Es ist allerdings noch ein weiter Weg bis dahin, zuerst muss ich dafür sorgen, dass „Extinctia“ auf den Markt kommt.“
Wann das ist, das steht fest. Ab dem 27. August ist es erhältlich, sowohl als E‑Book und auch als Print, eine Hardcover-Version wird es ebenfalls geben. Es sind auch diverse Lesungen geplant, aber noch hat sie Termine frei. „Ich würde gerne auch in Lichtenfels, Bad Staffelstein und Umgebung Lesungen veranstalten. Heimatverbundenheit eben. Im Moment klappere ich auch alle Buchhändler ab, um dort mein Buch zu präsentieren und vielleicht auch eine Lesung halten zu können.“
Verena Kolb gehört definitiv zu den kommenden Autorinnen. Mit dem zweiten Buch festigt sie ihren Ruf, eine Meisterin im Schreiben von Dystopien zu sein. Und man darf auf weitere Werke gespannt sein. Doch was ist mit dem Klopapier? Welche Rolle spielt es in dem Roman? „Das“, lacht sie, „verrate ich nicht.“ Also bleibt nur, selbst lesen und das Rätsel lösen.
Text: Werner Diefenthal
Bilder: Michael Kolb und Nadin Merten