Samstagabend. Gäste aller Altersklassen und Geschlechter füllen nach und nach die Galerie der Kunst & Kultur Initiative Lichtenfels e. V. (KuKi) in der Spitalpassage. Am Eingang steht eine toughe junge Frau, begrüßt die Gäste, stellt sich vor und wird vorgestellt. Es ist die 23-jährige Psychologie-Studentin Verena Kolb, eine gebürtige Lichtenfelserin, die neben ihrem Studium auch noch Thriller-Romane schreibt.
Aus ihrem jüngsten Werk, „Extinctia“, wird sie an diesem Abend bei der KuKi lesen, „from page to stage“, wie sie ihre Lesungen selber beschreibt, von den Buchseiten auf die Bühne. Markus Häggberg, der Vorsitzende des Vereins, begrüßt die Gäste und stellt die Autorin vor. Der Eintritt sei frei, doch freue man sich über freiwillige Spenden, betont er und zeigt ein recht großes Sparschwein in die Runde.
Ein Countdown zum Start
Auftritt der jungen Autorin: Verena Kolb sitzt auf ihrem Stuhl, das Buch in der Hand, und beginnt zu lesen: „60 … 59 … 58 …“ Ein Countdown. Sie liest weiter, Seite für Seite: Eine Frau ist eingeschlossen in einem tür- und fensterlosen Raum, eine Bombe mit Zeitzünder tickt neben ihrem Lager, und die Ziffern zählen erbarmungslos gegen Null.
Im Schutz ihrer Decke übersteht sie die Explosion und findet sich auf dem Dach eines Gebäudes wieder. Hier erscheint ein Mann, wie sie selbst Gefangener und wie sie mit einer tätowierten Zahl auf der Stirn. Eine Drohne erscheint am Himmel und spricht mit ihnen. Sie seien begnadigt, verkündet die Kunststimme. Doch wovon?
Von der Drohne kommt keine Antwort. Was wollen ihre Peiniger, wer sind sie, und wer ist sie selbst? Sie weiß es nicht mehr. Sie weiß nur, dass sie kämpfen muss um zu überleben, auch gegen ihre Mitgefangenen.
Pantomimische Begleitung
Zwei Schauspieler eines Jenaer Ensembles begleiten die Lesung. Pantomimisch stellen sie im Hintergrund die Handlung dar, folgen den Worten der Vorleserin. Musikalisch untermalt wird die Szenerie von Malte Wischnat auf seiner Gitarre.
Die Autorin schließt das Buch und blickt ins Publikum. Applaus brandet auf. Doch sie hat eine unglaubliche Spannung geschaffen, keiner im Saal, der nicht darauf brennt zu wissen, wie es in dieser Geschichte weitergeht. Markus Häggberg gesellt sich zu ihr, nimmt neben ihr Platz. Wird nun verraten, was da noch kommt im Buch?
Interview mit Markus Häggberg
Nein, die Fragen des Vorsitzenden an Verena Kolb gehen in eine ganz andere Richtung. Wegen eines Mangels an Klopapier sei sie zum Schreiben gekommen, während der Corona-Pandemie und dem Lockdown musste sie sich einfach den Frust von der Seele schreiben. Was eigentlich eine Satire zur Pandemie werden sollte, wurde schließlich ihr erster Thriller.
Ob sie schon immer einen Hang zum Fabulieren hatte? Dies beantwortet sie mit einem klaren „Ja“, bereits als Siebenjährige hat sie schon Geschichten über Dinos geschrieben. Ihr Studium der Psychologie, meint sie, helfe ihr dabei, Figuren für ihre Romane zu erschaffen. Die Geschichten, die Charaktere entstünden einfach in ihrem Kopf, sie würde keine großen Dossiers benötigen, eher schon Playlists. Und da sie in der Zukunft schreibt, muss sie sich auch nicht allzu sehr an aktuelle Methoden von Spurensuche und Forensik halten.
Eine düstere Zukunft
Es sind düstere Bilder von der Zukunft, die sie malt, und sie hofft nicht, dass irgendetwas davon wahr wird. Als literarisches Vorbild nennt sie den Thriller-Autor Sebastian Fitzek, aber auch bei den „Tributen von Panem“ findet sie Inspiration. Was sie von Künstlicher Intelligenz hält? Damit habe sie kein Problem, vieles würde KI im Leben erleichtern, ihr sogar beim Schreiben helfen.
Ihr Buch hat sie im Selbstverlag auf den Markt gebracht, für sie der bessere Weg der Vermarktung. Ob sie sich die Schreiberei als Vollzeitjob vorstellen könnte? Eher nicht, auch wenn sie hier gemischte Gefühle hat. Sie, die überzeugte „Nachtschreiberin“, will dies lieber als Hobby beibehalten und auch beim Genre „Thriller“ bleiben.
Gibts denn nun ein Happy End?
Markus Häggberg bedankt sich für dieses ausführliche Interview. Dann kommt noch mal Malte Wischnat zum Einsatz. Er bringt mit seiner Gitarre eines seiner selbst komponierten Werke zu Gehör. Doch immer noch steht die Frage im Raum, wie geht es in diesem Buch „Extinctia“ weiter, gibt es ein Happy End oder versinkt die Welt im Chaos?
Die Autorin hat inzwischen hinter einem Tresen Stellung bezogen, signiert Bücher und bietet sie zum Verkauf an. Und viele Menschen aus dem Publikum nutzen die Gelegenheit und erwerben den Thriller, um bei einem Gläschen Sekt von der Bar gleich darin zu blättern. Man kann sich aber auch gut vorstellen, dass viele Besucherinnen und Besucher sich, sobald sie daheim sind, auf dem gemütlichen Sofa in diese äußerst spannende Lektüre vertiefen.
Autor © Heinz Fischer
Artikelbilder © Nils Wischnat
Titelbild © Michael Kolb
Dieser Artikel wurde im Obermain Tagblatt am 07.04.2024 online und am 08.04.2024 im Printmedium veröffentlicht.